Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 100: Vom literarischen Steinewälzen

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 100

 

Vom literarischen Steinewälzen

„Wohnungen werden ja nicht dafür gebaut, damit Leute in ihnen wohnen können, sondern um sie zu verkaufen und weil ihr Wert sich zu steigern verspricht.“
(Ken Loach)

Als ich vor etlichen Jahren meinem Freund und Verleger Wolfgang von den Schwierigkeiten berichtete, meine Texte irgendwo unterzubringen, sagte er spontan: „Du solltest deinen eigenen Blog betreiben.“ Er sei gern bereit, mir technische Hilfestellung zu geben und das digitale Gerüst einzurichten. In der Folgezeit kam er immer mal wieder auf dieses Angebot zurück. Als die GEW Anfang 2023 unsere Zusammenarbeit aufkündigte, gingen wir das Projekt an. Ab Folge 65, die den Titel „Der erste Reichsbürger“ trägt, erscheint die Durchhalteprosa in eigener Regie, was eigentlich bedeutet: in Wolfgangs Regie. Ich liefere „nur“ die Texte, und Wolfgang gestaltet das ganze Layout. Es ist nun, da die 100. Folge der DHP erscheint, an der Zeit, Wolfgang einmal ausdrücklich Dank zu sagen – ich denke auch im Namen der Leserinnen und Leser, die uns den Weg von der GEW zum eigenen Blog gefolgt sind. Wie viele es sind, wissen wir nicht. Also: Vielen Dank, Wolfgang! Und auf noch zahlreiche weitere Folgen. … weiter

Hinweis: Mit dieser Jubiläumsausgabe 100 endet  die Verlinkung zur Durchhalteprosa an dieser Stelle. Die Texte erscheinen bereits seit Ausgabe 65 auf ihrer  eigenen Seite – der Übergang zur Blogseite „durchhalteprosa.de“ ist damit von unserer Seite aus geschafft. Die Ausgaben bis Nr. 64 bleiben weiter im GEW-Magazin abrufbar. Wir danken für die Zusammenarbeit und wünschen viel Erfolg!


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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 99: Paul Austers Spinne

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 99

 

Paul Austers Spinne

„Er war, so hoffte er, ein mehr oder weniger vernünftiger Mensch, aber in diesen aufgeheizten Tagen wirkte alles, was gegen das Steinewerfen sprach, zunehmend unvernünftig, und wenn schließlich der erste Stein geworfen wurde, würden Fergusons Sympathien dem Stein gelten und nicht dem Fenster.“
(Paul Auster: 4321)

„Wär‘ geil, wenn ihr unsere Pflanzen nicht klauen oder vom Balkon herunterreißen würdet“, hat einer der am meisten von nächtlichem Vandalismus betroffenen Nachbarn auf Zettel geschrieben, die er an seinem zur Straße gelegenen Balkon angebracht hat. Ich habe starken Zweifel an Nutzen und Wirksamkeit dieser Plakataktion. Als würde der gemeine Vandale erst lesen, bevor er sein sinnloses Zerstörungswerk beginnt. Und nach der Lektüre denken: „Mensch, die Leute haben ja eigentlich recht!“ Wenn Vandalen vor ihrem Wüten eine Pause der Besinnung einlegten, wären es keine Vandalen, dachte ich beim Weitergehen. Auch das Anwanzen an die vermeintliche Vandalen-Sprache finde ich peinlich und sinnlos. Der Vandale hat keine Sprache, seine Sprache ist die blinde Zerstörung, seine Haltung ein amorpher Negativismus, der gegen Argumente und vernünftige Einwände perfekt abgedichtet ist. Gegen den Vandalismus ist erst einmal kein Kraut gewachsen. Das einzige denkbare Gegenmittel wären tragfähige Bindungen – an Mitmenschen und das Gemeinwesen. Der Vandalismus grassiert besonders in Quartieren, in denen die Einwohner sich der Gemeinde wenig verbunden fühlen und keine oder nur rudimentäre nachbarschaftlichen Beziehungen existieren. Solche Dinge lassen sich nicht dekretieren und staatlicherseits und von oben einführen. Sonst wären sie nur Sozialtechnik und also ein vergeblicher neuerlicher Versuch eines Brückenschlags. Vandalismus ist ein genauer Indikator für den Grad der Integration beziehungsweise Desintegration, der in einer Gesellschaft herrscht. In einer stark integrierten Gesellschaft sind die Hauptzwecke allen gemeinsam, und das Ziel, das die Allgemeinheit sich setzt, wird für jeden zu einer Forderung. Es müsste eine freie, sozialistische Gesellschaft sein, sonst wäre die Gemeinsamkeit betrügerisch und verlogen. In einer klassengespaltenen Gesellschaft basiert Harmonie entweder auf Manipulation, also dem betrügerischen Vortäuschen gemeinsamer Interessen, oder auf Terror und Gewalt. Der alchimistische Terror zwingt das Widersprüchliche zusammen und hindert den Austrag der Konflikte. Bis sie sich eines Tages umso katastrophaler äußern.  … weiter

(Hinweis: Der Link führt seit Nummer 66 auf die eigene Seite der durchhalteprosa.de )


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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 98: Die Bank an Röntgens Grab

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 98

 

Die Bank an Röntgens Grab

„Ich finde, dass meine Generation den Kindern großen Schaden zugefügt hat. Ich meine das Fehlen emotionalen Halts, den die Erwachsenen den Kindern nicht mehr geben können, weil sie selbst ihre Kindheit nachholen. Sie interessieren sich nur noch für ihren eigenen Standpunkt, für ihre Vergnügungen. Überall, wohin man auch blickt, sind die Kinder die Verdammten dieser Erde. Es mag noch eine Menge anderer Verdammter geben, aber die Kinder sind es ganz besonders.“
(Toni Morrison)

Bei Toni Morrison bin ich auch auf folgende Sätze gestoßen: „Es geht natürlich nicht darum, sich in eine wohlige Nostalgie über die guten alten Tage zu versenken – es gab keine guten alten Tage!“ Das ist richtig, und ich stimme dem zu. Aber „Nostalgie“ ist ein dialektisches Ding, das heißt: es gibt auch noch eine andere Seite, die in diesem Diktum von Morrison nicht vorkommt.

Auf die andere Seite bin ich beim Blättern in einem Band mit Briefen gestoßen, die Adorno und Horkheimer sich nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Tod Adornos geschrieben haben. Der fragliche Brief stammt von Adorno und datiert aus dem Jahr 1957. Dort heißt es: „Zum Schluss noch ein Gedänkchen: In allen Bewegungen, welche die Welt verändern möchten, ist immer etwas Altertümliches, Zurückgebliebenes. Das Maß dessen, was ersehnt wird, ist immer bis zu einem gewissen Grade Glück, das durch den Fortschritt der Geschichte verloren gegangen ist. Wer sich ganz auf der Höhe der Zeit befindet, ist immer auch ganz angepasst, und will es darum nicht anders haben.“

Es geht bei diesem Aspekt der Nostalgie, die hier natürlich nicht so heißt, um ein Phänomen, das ich „Differenzerfahrung“ nennen möchte. Dem Realitätsmonopol des Bestehenden kann nur widersprechen, wer die Erinnerung daran bewahrt hat, dass es einmal anders gewesen ist, nicht unbedingt materiell besser, aber anthropomorpher, also menschenförmiger und weniger entfremdet. Nur wer davon noch einen Geruch in der Nase hat, verfügt über einen Vergleichsmaßstand, an der er die Gegenwart messen und gegebenenfalls verwerfen kann. Ist alles, die Menschen inbegriffen, im Bloch‘schen Sinne „gleichzeitig“ ist Schicht im Schacht. … weiter

(Hinweis: Der Link führt seit Nummer 66 auf die eigene Seite der durchhalteprosa.de )


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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 97: Patient 064 – Ein Vormittag im Kafka-Universum der Uni-Klinik

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 97

 

Patient 064 – Ein Vormittag im Kafka-Universum der Uni-Klinik

„Positiv an Deutschland ist vor allem der Kräuterquark.“

(Sibylle Berg)

Als ich dem Schriftsteller Christian Baron, der in diesen Blog gelegentlich reinschaut, neulich schrieb, dass ich die 100. Ausgabe der Durchhalteprosa zum Anlass nehmen wolle, über deren Fortführung nachzudenken, antwortete er mir: „Dank auch für die neue Durchhalteprosa. Ich hoffe auf deutlich mehr als 100!“ Die anerkennenden Worte aus berufenem Mund habe ich als Ermutigung genommen, vielleicht doch weiterzumachen. Solange es noch geht. Ich habe mich außerdem derart an das morgendliche Schreiben der DHP gewöhnt, dass ich mir ein Leben ohne diese täglichen Schreibübungen gar nicht vorstellen kann. Sie sind eigentlich der einzige stabile Faktor in meinem alltäglichen Leben, das ohne diese ins Amorphe zerflösse. Ich habe es gelegentlich schon gesagt: Die tagebuchartige, kleine Form, die sich im Kontext der DHP herausgebildet hat, ist die endliche gefundene, mir gemäße Form des Schreibens. Auf das Schreiben längerer Texte habe ich keine Lust mehr, oder ehrlicher: Dafür reicht meine Konzentrationsfähigkeit nicht mehr aus. Vor ein paar Jahre habe ich noch regelmäßig längere Essays für die Zeitung „junge Welt“ und meine Bücher verfasst, so etwas würde ich heute nur noch unter großen Mühen hinbekommen. Und die will ich einfach nicht mehr auf mich nehmen.  … weiter

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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 96: Die (Noch-nicht-) Demokratie verteidigen!

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 96

 

Die (Noch-nicht-) Demokratie verteidigen!

„Seit den frühesten Tagen der Republik sind wir gespalten zwischen denen, die Demokratie für eine Regierungsform halten, die dem Einzelnen die Freiheit gewährt, nur an sich zu denken, und denen, die glauben, dass wir in einer Gemeinschaft leben und füreinander verantwortlich sind, dass die uns von der Demokratie geschenkte Freiheit die Verpflichtung mit sich bringt, denen zu helfen, die zu schwach oder zu krank oder zu arm sind, um sich selbst helfen zu können – ein Jahrhunderte währender Konflikt zwischen den Interessen des Gemeinwohls und dem Bedürfnis, die Rechte und Freiheiten des Einzelnen zu schützen.“
(Paul Auster)

Der Besuch in Kassel löste in mir Erinnerungen der unterschiedlichsten Art aus. Als wir auf dem Weg zum Theater die Königsstraße hinuntergingen, wurden wir mehrfach von Straßenbahnen überholt. Ich durfte mir als Schüler in den harten Wintermonaten eine Monatskarte für die Kasseler Straßenbahn kaufen und fuhr jeden Tag von Kirchditmold aus mit der Linie zwei in die Stadt zur Schule. Mein Vater sagte, wenn er ausnahmsweise mit der Straßenbahn zur Arbeit fuhr: „Ich nehme heute mal die Elektrische.“ Anfangs waren die Straßenbahnen noch gelb und die Züge bestanden aus mehreren Wagen. Man konnte und musste die Türen selbst öffnen, stieg auf das Trittbrett und sprang beim Aussteigen, wenn das Tempo langsam genug war, von dort auf die Straße. Dabei war es wichtig, dass man die Rest-Bewegung der Bahn einkalkulierte und ein Stück mitlief, sonst drohte man zu stürzen. Der Stromabnehmer, der auf dem Dach der Zugmaschine angebracht war, erzeugte manchmal, wenn er über die Oberleitung glitt, kleine Blitze. Vorn im ersten Wagen saß der Fahrer und drehte an einer Kurbel, mit der er die Geschwindigkeit der Bahn regulieren konnte. In den Wagen herrschten die Schaffner, die die Fahrscheine kontrollierten und verkauften.  … weiter

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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 95: Vom Aus-der-Spur-Springen

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 95

 

Vom Aus-der-Spur-Springen

Holocaust-Mahnmal, Berlin

„Es gab früher in Böhmen eine blühende Industrie, die eingegangen zu sein scheint: man nahm Kinder, schlitzte ihnen die Lippen auf, presste ihnen den Schädel zusammen und setzte sie Tag und Nacht in eine Kiste, um ihr Wachstum zu verhindern. Durch diese und ähnliche Behandlungen machte man aus ihnen sehr amüsante und höchst einträgliche Missgeburten. Um Genet zu machen, hat man ein subtileres Verfahren benutzt, aber das Ergebnis ist das gleiche: man hat ein Kind genommen und aus Gründen sozialen Nutzens eine Missgeburt daraus gemacht. Wenn wir in dieser Sache die wahren Schuldigen finden wollen, wenden wir uns am besten den anständigen Leuten zu und fragen sie, aus welcher merkwürdigen Grausamkeit heraus sie aus einem Kind ihren Prügelknaben gemacht haben.“ 
(Jean-Paul Sartre)

„Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen.“
(Max Horkheimer: Die Juden in Europa)

Jan Philipp Reemtsma hat ein sehr lesenswertes Nachwort zum Adorno-Text „Zur Bekämpfung des Antisemitismus heute“ geschrieben, den der Suhrkamp-Verlag gerade noch einmal in einer neuen Ausgabe herausgebracht hat. Diesen hatte Adorno 1962 zunächst auf einer pädagogischen Konferenz vorgetragen, der Hessische Rundfunk hatte ihn aufgezeichnet und in zwei Teilen gesendet. Mir ist der Text zum ersten Mal in dem Suhrkampbändchen „Kritik. Kleine Schriften zur Gesellschaft“, der 1971 erschienen ist, begegnet und lebensgeschichtlich bedeutsam geworden.

Reemtsma erinnert zunächst daran, dass Antisemitismus Teil eines Syndroms ist, was soviel besagen soll: Wer Juden hasst, hasst in der Regel auch Homosexuelle, Frauen, sozial Schwache, Schwarze und andere Minderheiten. Der autoritäre Charakter, dessen Studium sich die Kritische Theorie bereits in den USA zugewandt hatte, liefert die Disposition für dieses Konglomerat von Einstellungen.  … weiter

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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 94: Fieberkranke Identitäten

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 94

 

Fieberkranke Identitäten

„Die Leiche der Sowjetunion ist zum Leben erwacht und erschreckt als Zombie die Russen und die ganze Welt.“
(Wladimir Sorokin)

Für heute war mit großem Aplomb auch hier in Gießen eine gemeinsame Aktion von Fridays for Future und der Gewerkschaft Verdi für einen besser ausgestatteten Öffentlichen Nahverkehr und Umwelt- und Klimaschutz angekündigt. Wer gehofft hatte, die Mobilisierung von der großen Demonstration gegen Rechts von Ende Januar würde sich wiederholen, sah sich bitter enttäuscht. Das Großereignis war offenbar einmalig und ist nicht nicht wiederholbar. Es stahlt nicht auf andere Politikfelder ab und das punktuelle Engagement lässt sich nicht auf Dauer stellen. Als ich um 16 Uhr vor den Rathaus eintraf, wo die heutige Demo ihren Ausgang nehmen sollte, verloren sich vielleicht hundertfünfzig oder zweihundert Leute auf dem weiten Platz. Die Organisatoren kämpften noch mit der Technik. Als diese funktionierte, erklang laute Bumsmusik, ohne die nichts mehr zu gehen scheint. Es waren die versammelt, die immer dabei sind: die unvermeidlichen „Omas gegen Rechts“, die stadtbekannten Klima- und Verkehrswende-Aktivisten und ein paar junge Leute aus dem Umfeld von Fridays for Future. Zusätzlich einige altlinke Rentner wie ich, die etwas verloren herumstanden und darauf warteten, dass es endlich losgehen würde. Ich ersparte mir die Warterei, bestieg mein Rad und fuhr nach Hause. Mein lebensgeschichtliches Soll an Demonstrationen habe ich längst erfüllt. … weiter

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Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 93: Grüne Sündenböcke

 

Götz Eisenbergs Durchhalteprosa 93

 

Grüne Sündenböcke

„Diese paranoide Realitätsverkennung bringt in der Tat eine rasche Spannungsentlastung. Was bisher ungreifbar und in einem selbst war, ist nun greifbar, sichtbar und draußen in der Welt. Indes ist mit solcher Entlastung immer Realitätsverkennung verknüpft.“
(Alexander Mitscherlich)

Es ist niederschmetternd zu sehen, wie die Neue Rechte sich linke Traditionen aneignet. Volker Weiß hat in seinem Buch „Die autoritäre Revolte“ bereits darauf hingewiesen, dass sie keine Hemmungen und Berührungsängste kennt und sich längst nicht mehr mehr nur aus dem Fundus der bekannten rechten Literatur bedient. Auch Antonio Gramsci, der von den italienischen Faschisten von 1929 bis 1935 eingekerkert wurde, wird in Dienst genommen und ausgeschlachtet. Er war neben Georg Lukács und Karl Korsch wohl der bedeutendste marxistische Denker der Zwischenkriegszeit und hat maßgeblich dazu beigetragen, den Marxismus aus seiner stalinistischen Erstarrung zu befreien. Der von dem Treffen im Landhaus Adlon bekannte Martin Sellner ist ein Verfechter einer von Gramsci beeinflussten Strategie der Eroberung der „kulturellen Hegemonie“. Gramsci war davon überzeugt: Die Macht erobere man vor allem durch Ideen, längst komme sie nicht mehr (nur) aus Gewehrläufen. Nur auf den ersten Blick habe sie ihren Sitz in den politischen Institutionen, sie habe sich verzweigt und sei molekular geworden. Sie habe von unseren Wünschen und Bedürfnissen Besitz ergriffen, sei bis in die Denk-, Gefühls- und Handlungsgewohnheiten vorgedrungen. … weiter

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