Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 31: Die „Seuche der Anywheres“

Tagebuch

 

Götz Eisenbergs Corona-Tagebuch 31

Die „Seuche der Anywheres“

„Vor ungefähr hundertfünfzig Jahren wusste
fast jeder in der Welt, dass er sein Leben
an dem Ort seiner Geburt oder zumindest in der Nähe,
vielleicht im nächsten Dorf, verbringen würde.
Jeder wusste, dass er sich seinen Lebensunterhalt
auf die gleiche Weise verdienen würde wie seine Eltern.“
(Amos Oz)

Wir waren über den Himmelfahrtsfeiertag für ein paar Tage im nordhessischen Kellerwald und sind viel umhergegangen. Rotmilane kreisten über uns, es duftete nach Harz und Holunderblüten. Die Idylle wurde dadurch getrübt, dass viele Fichten grau-braun sind und nach zwei trockenen Sommern absterben. Corona ist dort etwas ganz Abstraktes. Man hört davon, dass Leute sich infizieren und im Extremfall auch daran sterben, aber das ist weit weg und geschieht anderswo.

Die gegen das Virus erlassenen Maßnahmen werden als Oktroi erlebt, wie Erlasse einer fremden Zentral- und Kolonialmacht. Die Maske gilt als Symbol der „Corona-Diktatur“ und wird nur getragen, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Ein verqueres Würdebedürfnis und der Stolz wehren sich gegen die Masken, die zu tragen als Geste der Unterwerfung gilt. Wie ein Eingeborener, der sich einen Schlips umbindet, um sich bei seinen Herren anzubiedern. Wie Donald Trump glauben viele Einheimische, dass das Virus einem chinesischen Labor entsprungen ist und von der kommunistischen Führung auf den Westen losgelassen wurde, „um uns zu schwächen, bis sie alles übernehmen können“. Die Kluft zwischen Stadt und Land ist auch in puncto Corona spürbar. Corona – das haben die Leute in der Stadt. Es ist eine Folge von deren unsteter Lebensweise, die Konsequenz ihrer Hypermobilität.weiter

Tagebuch oben links: Bild von OpenClipart-Vectors auf Pixabay
Bild rechts von Janik Lipke auf Pixabay 


Alle bisherigen Texte von Götz Eisenberg im Magazin Auswege

Alle aktuellen Texte von Götz Eisenberg im GEW-AN Magazin

 

Pädagogik vor Profite

Aktuelle Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung zur Ökonomisierung schulischer Bildung

Mitteilung: Rosa-Luxemburg-Stiftung

Eine verlässliche digitale Vernetzung zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen gibt es derzeit nur dort, wo sich zum Beispiel ein Förderverein dafür eingesetzt hat. In Zeiten von „Homeschooling“, also Unterricht zuhause wegen des Corona-Virus, tritt dieses Versäumnis deutlich zu Tage. Wer aber glaubt, mit dem 5,5 Milliarden Euro schweren „DigitalPakt Schule“ sei der Weg aus der Bildungsmisere gefunden, der irrt.

Die aktuelle Studie „Ökonomisierung schulischer Bildung. Analyse und Alternativen“ (www.rosalux.de/publikation/id/42166) zeigt, wie die so genannten „Big Five“, die fünf großen Digitalkonzerne Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft, mit großem Nachdruck in die Schulen drängen, um dort ihre Produkte zu vermarkten. … weiter

Direktdownload der Studie „Ökonomisierung schulischer Bildung“ (pdf-Datei)


Quelle: www.rosalux.de

„Lernen in Zeiten der Coronakrise“

Im gewerkschaftlichen Debattenmagazin „Gegenblende“ erschien am 14.5.2020 ein Aufsatz von Elke Hannack über digitales Lernen, Homeschooling und Präsenzangebote in der Schule:

Lernen in Zeiten der Coronakrise

Es ist nicht abzusehen, wann Schulen wieder normal unterrichten können. Derzeit simulieren sie Unterricht, indem die SchülerInnen ab und zu vorbeikommen dürfen. Diese Entscheidung der Kultusminister ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Stattdessen sollten die Schulen entscheiden, wer digital lernen kann und wer Präsenzangebote braucht. Den ganzen Artikel lesen

 

„Gelder nach Sozialindex an Schulen verteilen!“

Bildungsgewerkschaft GEW zum Sofortprogramm im DigitalPakt Schule

Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßt das Sofortprogramm im Digitalpakt Schule grundsätzlich, das Bundesbildungsministerin Anja Karliczek und Stefanie Hubig, Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), heute vorgestellt haben. „Die Corona-Krise hat deutlich gemacht, wie groß und dringend der bundesweite Handlungsbedarf in Sachen Digitalpakt ist. Es ist richtig, dass die zusätzlichen 500 Millionen Euro direkt an die Schulen fließen sollen. Die Mittel müssen in den Ländern nach Sozialindex an die Schulen verteilt werden. Die Schulen können dann beispielsweise Leihgeräte kaufen und verteilen, um zu verhindern, dass ohnehin benachteiligte Schülerinnen und Schüler noch weiter abgehängt werden. Allerdings reichen die Gelder bei weitem nicht aus“, sagte Ilka Hoffmann, GEW-Vorstandsmitglied Schule, am Freitag in einer ersten Reaktion. „Die Sommerferien müssen von den Schulträgern genutzt werden, um die digitale Infrastruktur an den Schulen zu verbessern. Wir hätten uns gewünscht, dass die Mittel insbesondere in die Länder fließen, in denen die Herausforderungen am größten sind. Jetzt besteht die Gefahr, dass sich die Unterschiede verfestigen und die Gräben noch tiefer werden.“ Weiterlesen

Lernmittelfreiheit ausweiten: GEW Bayern fordert Endgeräte für Lernende und Lehrende!

Corona zeigt deutlich: Das bayerische Schulsystem ist weder technisch noch inhaltlich in der Lage, einen online-gestützten Fernunterricht anbieten zu können. Die GEW Bayern fordert zeitgemäße Ausstattung für Lernende und Lehrende – so schnell wie möglich!

Grundlegende Probleme in den ersten Wochen der Schulschließungen, mit denen so ziemlich jede Lehrkraft Erfahrungen machte, waren und sind immer noch vielfältiger – und vor allem grundlegender – Natur. Das beginnt bereits mit der Kommunikation. Schüler*innen stehen häufig keine geeigneten Geräte zur Verfügung, um die angebotenen Möglichkeiten des Fernunterrichts nutzen zu können. E-Mail ist kein Standard in der Kommunikation und wurde längst von Messenger-Diensten abgelöst – diese sind zwar für jeden zugänglich, aber aufgrund der Datenschutzbestimmungen im schulischen Kontext nicht praktikabel. Wenn sich Schulen oder bereits „digital infizierte“ Lehrkräfte dann doch mit Expertise auf den Weg machten und eigene Lösungen entwickelten, dann blieben diese auf die eigene Schule oder sogar die eigene Klasse beschränkt. Weiterlesen

Datenschutz: Tool-Alternativen für Zoom, Skype, WhatsApp und Co.

Die einblick-Ausgabe vom Mai 2020 beschäftigte sich u.a. mit der Frage des Datenschutzes bei Videochat-Programmen und hat einen sehr aufschlussreichen, empfehlenswerten Artikel veröffentlicht:

Datenschutz: Tool-Alternativen für Zoom, Skype, WhatsApp und Co.

Video- und Kollaborationstools (wie Zoom, Slack, Whatsapp, Google Hangouts oder Skype) sind in der Corona-Krise sehr gefragt. Allerdings fallen einige dieser Programme beim Datenschutz durch oder sind zumindest bedenklich, weil Daten auf Servern in den USA landen. ver.di hat deshalb ein Liste von Webseiten, NGOs und Blogs zusammengestellt, die alternative Tools auflisten. Den ganzen Artikel lesen

Quelle: einblick – Gewerkschaftlicher Info-Service – Mai 2020 (www.dgb.de/einblick)

Videochat-Programme: „Teams“ und „Skype“ liegen vorn

Bericht: Stiftung Warentest

Beim Test von 12 Videochat-Programmen liegt Microsoft doppelt vorn: Testsieger ist das Programm Teams, das im Testzeitraum noch kostenpflichtig war, inzwischen aber kostenlos verfügbar ist. Fast genauso gut schneidet die ebenfalls von Microsoft vertriebene Gratis-Software Skype ab. Zoom ist insgesamt befriedigend, hier kann die Qualität von Bild und Ton insbesondere bei langsamen Internet-Verbindungen nicht mit den Siegern mithalten. Die Tester stießen bei den Programmen auch auf zahlreiche juristische Mängel in den Datenschutzerklärungen und auf unverschlüsselte Daten. Weiterlesen

Paul Mühlenhoff, Gymnasiallehrer, über Unterricht in Corona-Zeiten, Technik von vorgestern und die Krise als Motor

Paul Mühlenhoff, der Biologie an einem Gymnasium in Bielefeld unterrichtet, berichtet in einem Interview über seine Arbeit in Zeiten der Corona-Krise und was man daraus lernen sollte.

Er gliedert den Stoff Lektion für Lektion für jede einzelne Unterrichtsstunde, reichert ihn oft mit zusätzlichen Informationen an und bittet seine Schüler, das Pensum eigenständig zu bearbeiten. Die in dieser Zeit erstellten „Corona-Portfolios“ wird er bei Wiederbeginn des Unterrichts sichten, um sie im persönlichen Gespräch auszuwerten – das sei jetzt aus der Distanz schwierig.

Auf die Frage, wie er sich fühlt, sagt er: „Kein Lehrer ist glücklich mit der Situation. Uns allen fehlt der direkte Kontakt zu den Schülern. Den können Videokonferenzen zwar abmildern, aber keinesfalls ersetzen. Die körperliche Präsenz fehlt einfach und per Videokonferenz ist es unmöglich, 31 Schülerinnen und Schüler so zu erreichen, wie es üblicherweise im Klassenraum mit etablierter Sitzordnung der Fall ist. Die soziale Dynamik beim Lernen in der Gruppe ist durch kein digitales Medium zu ersetzen.“

Sein Fazit:
Die Krise wird sicher einen großen Schub hin zu Cloud-basierten Arbeitsweisen bringen. Jede Schule braucht einen modernen Schulserver, eine zeitgemäße technische Ausstattung und mehr digitales Know-how im Kollegium. Dass Schüler und Lehrer den direkten Kontakt miteinander nach wenigen Wochen so vermissen würden, hätte wohl niemand so gedacht. Daran wird man sich hoffentlich noch lange erinnern.

Das ganze Interview lesen


 27.4.2020
Michael Dröscher
Pressereferat
Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte e. V.
www.gdnae.de

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