Start der Kampagne „Arbeitszeit neu gestalten“ – DGB Bayern fordert „faire Verteilung des Wohlstands in Zeit und Geld“

Stiedl: „Arbeit muss zum Leben passen und nicht umgekehrt!“

Mitteilung: DGB Bayern

Mit dem Start seiner Online-Kampagne „Arbeitszeit neu gestalten“ setzt der DGB Bayern ein klares Zeichen gegen die zunehmenden Forderungen nach längeren (Lebens-)Arbeitszeiten und der Lockerung bestehender Schutzgesetze. Stattdessen fordert der DGB Bayern, alternative Arbeitszeitmodelle zu entwickeln und zu fördern, die sich an den realen Bedürfnissen der Beschäftigten orientieren. Dabei geht es nicht nur um die Frage der Arbeitszeitverkürzung, sondern auch um mehr arbeitnehmerorientierte Flexibilität, Selbstbestimmung und einen starken Arbeits- und Gesundheitsschutz.

„Während einige Akteure in der Politik und Wirtschaft die Arbeitszeit mit Verweis auf den angeblich schon drohenden Arbeitskräftemangel verlängern wollen, sagen wir ganz klar: Das ist der falsche Weg!“, betont Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern. „Diese abstrusen Vorschläge bringen uns mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen kein Stück voran. Arbeitszeitverlängerung führt zu keiner einzigen Fachkraft mehr. Im Gegenteil. Dieser Weg führt noch mehr Fachkräfte in die Burnout-Klinik oder gleich in die Erwerbsminderungsrente – hier braucht es bessere Antworten!“, so Stiedl weiter.

Neben attraktiven Arbeits- und Ausbildungsbedingungen sowie tragfähigen Konzepten zur Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf sei laut Stiedl ganz entscheidend, was die Beschäftigten wollen: „Hier ist die Botschaft klar: Die Menschen wollen ihren fairen Anteil am erarbeiteten Wohlstand, und zwar in Form von Zeit und Geld. In vielen Branchen vereinbaren die DGB-Gewerkschaften bereits mit den Arbeitgebern in Tarifverträgen passgenaue Lösungen im Sinne der Beschäftigten – von Verkürzungen und Flexibilisierungen der Arbeitszeit über Langzeitkonten hin zu Altersteilzeitregelungen. Für uns ist klar: Arbeit muss zum Leben passen und nicht umgekehrt.“

Verena Di Pasquale, stellvertretende Vorsitzende des DGB Bayern, sieht die Arbeitgeber in der Pflicht, für Arbeitszeitmodelle zu sorgen, die vor dauerhaften Belastungen schützen: „Der Blick in die Arbeitswelt zeigt, dass der Arbeits- und Gesundheitsschutz in viel zu vielen Unternehmen klein geschrieben wird. Dabei gibt es schon längst arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse, dass lange Arbeitszeiten Gesundheitsrisiken erhöhen, kürzere sich dagegen positiv auf die Produktivität auswirken.“

Darüber hinaus seien flexible und mitbestimmte Arbeitszeiten laut Di Pasquale insbesondere mit Blick auf Frauen im Arbeitsmarkt ein probates Mittel zur Fachkräftesicherung: „Laut Bundesagentur für Arbeit liegt das größte Fachkräftepotenzial Bayerns bei den Frauen. Doch nach wie vor sehen wir, dass die Arbeitszeit ungleich auf die Geschlechter verteilt ist, sowohl was die Erwerbsquote als auch den Stundenumfang anbelangt.“

So arbeiteten im Jahr 2022 im Freistaat insgesamt 49 Prozent aller Frauen und neun Prozent aller Männer im erwerbsfähigen Alter in Teilzeit. Ein Spiegelbild dazu ist das Feld der unbezahlten Sorgearbeit. „Deshalb braucht es moderne Arbeitszeitmodelle, mit denen sich Erwerbs- und Sorgearbeit vereinbaren und gerecht verteilen lassen. Gerade Frauen brauchen passende Rahmenbedingungen, damit sie selbstbestimmt einer Erwerbsarbeit nachgehen können“, so Di Pasquale abschließend.

Hintergrund
Mit seiner (Online-)Kampagne „Arbeitszeit neu gestalten“ will der DGB Bayern den Beschäftigten eine starke Stimme geben und ihren Geschichten Gehör verschaffen. Auf den Social-Media-Kanälen werden in den kommenden Monaten regelmäßig thematische Online-Kacheln veröffentlicht, die verschiedene Aspekte der Arbeitszeit beleuchten. Behandelt werden u.a. Themen wie Arbeits- und Gesundheitsschutz, (unbezahlte) Überstunden, Sorgearbeit und Gleichstellung sowie der Kontrast zwischen den Wünschen der Beschäftigten und der Realität. Ein besonderes Augenmerk liegt zudem auf dem Thema Arbeitszeitverkürzung, deren Vorteile durch aktuelle Studien gestützt werden. Punktuell ergänzt wird die Kampagne durch animierte Videoclips und Interviews, in denen Beschäftigte von ihren Herausforderungen und Wünschen im Arbeitsalltag berichten. Darüber hinaus wird das Kampagnenthema auch verstärkt in regionalen Veranstaltungen aufgegriffen.

Weitere Informationen zur Kampagne: https://bayern.dgb.de/arbeitszeitneugestalten